Laurenz Hildebrandt

Gedichte der Berührung

Gedichte vom Leben: dem Spiel der Polaritäten und der darin wohnenden Kraft

 

und Liebe.

 

Stürmische und feine Melodien ...

 

Auf wogender See - mit offenem Herzen - sich berühren lassen ...

 

Das Leben - ein Gedicht!

 

 

Herbst

 

 

 

Alles Gold fliegt mir entgegen

 

Macht mich stark, macht mich verwegen.

 

Flammen züngeln gelb und rot,

 

Farbenpracht - so nah dem Tod.

 

 

 

Wenn ich zu dir schreite,

 

Fühle ich die Größe und die Weite.

 

Was in meinem Leben war gescheh'n,

 

Das lässt mich nun in Dankbarkeit erblüh'n.

 

 

 

Anfangs wollte ich dich gar nicht sehen,

 

Lieber strampeln und vor Schmerz vergehen.

 

Oder in des Lebens engsten Gassen

 

Da wünscht ich dich, mein Tod, zu fassen!

 

 

 

Du hast mich vor dir hergetrieben,

 

Sonst wär' ich manchmal stehn geblieben.

 

Du hast genommen meine Lieben,

 

Mal warst du Tod - sie wären gern geblieben;

 

Mal sind sie von mir fort gegangen,

 

Weil ein and'rer Weg sie rief.

 

Doch ich war noch daran gehangen,

 

War ganz in meinem Leid gefangen.

 

 

 

Rücken, Gelenke begannen zu schmerzen

 

Vom Krallen und der Enge im Herzen:

 

„Niemals will ich meine Lieben gehen lassen,

 

Denn ich fühl mich einsam und verlassen!“

 

 

 

Und nur von Ferne spürt’ ich jene Weite,

 

Die du, mein Tod, mir gibst an deiner Seite.

 

Wenn mein Herz sich dir ganz offen legt,

 

Dann ist's so weit, dass es die ganze Welt umhegt.

 

 


Und immer gabst du mir der Freiheit Wahl:

 

Das Leben oder Du - Entscheidung voller Qual.

 

Des Lebens Weite oder Deine Ferne finden?

 

Dann standst du plötzlich da in voller Pracht

 

Und ich begann in Erfurcht mich zu winden,

 

Und du, du hast mich einfach angelacht.

 

 

 

Da rührt mich deine Schönheit, deine Stille

 

Ganz tief im Herzen, schenkt mir Fülle.

 

Dein Leuchten, deine Anmut waren nah

 

So dass ich deine Lebensseite sah.

 

 

 

Du nimmst das Feste, das mein Herz beengt,

 

Damit das Herz sich ganz verschenkt.

 

Da seh' ich endlich klar,

 

Dass es die Angst vorm Leben war,

 

Die mich am Tode so erschreckte,

 

Und jetzt zu neuem Leben mich erweckte:

 

 

 

Tod - des Lebens Zierde,

 

Zu dir geh' ich voll Würde.

 

Warst mir jeden Tag ein Freund,

 

Hast mir stets den Weg gesäumt.

 

 

 

Hast das Feste mir genommen.

 

Dadurch hab' ich Halt gewonnen,

 

Bin im Lebensfluss geschwommen,

 

Der mich zog zur blauen Meeresweite.

 

Immer warst du treu an meiner Seite,

 

Ob ich dich annahm oder schob beiseite.

 

 


Wenn ich all mein Leben dargebracht,

 

All mein Sinnen wahrgemacht,

 

Dann bist du zur Stelle,

 

Führst mich über diese Schwelle,

 

Dort zum nächsten Leben hin.

 

Dann seh' ich, dass ich wie ein Baum gemacht,

 

Dem Diesseits und dem Jenseits zugedacht:

 

Ich zähle meine Lebensringe

 

Und wachse über Tod und Leben,

 

Immer meiner Seele treu ergeben.

 

(eingestellt am 11.11.2018)

 

Weihnachten (2009)

 

Nächtens,

 

Wenn der weite Wind weht

 

Aus den blitzend blinkenden Sternen,

 

Spür ich den Hauch auch Deines Sterns.

 

Mein Herz weitet sich in alle Fernen

 

Und trifft Dich, wo die Ewigkeit steht.

 

 

 

Ein jeder wandert

 

Durch Tage und Nächte im Werden

 

Als glänzender Stern auf dieser Erden,

 

Sammelnd und findend, selbst in Narben,

 

Des eigenen Wesens wundersame Farben,

 

Den Stoff und die Formen seines Kleides,

 

Die Früchte und Gefühle des eigenen Leibes.

 

 

 

Denn alles drängt ans Licht,

 

Was im Dunkeln noch führet,

 

Will zeigen sein helles Angesicht,

 

Damit dem weisen Dunkel Ehre gebühret.

 

 

 

Dann wird es geboren das göttliche Kind

 

Aus dem wehenden Sternen-Wind

 

In Dir, in mir, in all’ den wachenden Herzen –

 

Darum brennen an Weihnachten so viele Kerzen.

 

 

 

Dann strahlen die Augen aus dem Innen

 

Als würde ein Lichterbaum in Dir brennen.

 

Ein Leuchten aus tiefster Wahrheit,

 

Aus dem tiefen See voller Klarheit.

 

(eingestellt am 3. Advent 2017)

Presse
Pforzheimer zeitung vom 8. Mai 2010
laurenzpz8Mai2010gr.doc
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